{vamos!gemma}

Das von Karin M. Sajer, Jani W. Schwob und Maria Mercedes Ortiz ins Leben gerufene Projekt zur Förderung von Kindern in Leon/Nicaragua, unterstützt seit Sommer 2004 den Schulbesuch von Strassenkindern . {vamos!gemma} versteht sich als interkulturelle Kommunikationsplattform, dient dem Austausch kreativer Ideen und der Durchführung kultuereller Interaktionen, mit dem Ziel Kindern in Nicaragua eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
El Proyecto fundado de Karin M. Sajer, Jani W. Schwob und Maria Mercedes Ortiz sirve de la promocion de asistencia a clase de chicas/os de la calle de Leon. {vamos!gemma} se tiene por un medio de comunicacion, cambia ideas creativas y realiza interacciones culturales con el exito de una mejor futura por los chicas/os.

Spendenkonto:VOLKSBANK GRAZ-BRUCK | BLZ 44770 | Konto-Nr. 00000914550

Karin Sajer / Johannes Schwob


Arriba y Abajo / Wenzel Mracek


          Oben und unten – Die Kunst der Dienstleistung


  
Als der Kölner Künstler Carsten Höller 1996 seine Ausstellung Glück mit diversen, seitens des Publikums „benutzbaren Geräten“ ausstattete, stand auch zugleich das Resümee im Raum: „Der glückliche Mensch bleibt …“ ein unvollendetes Projekt. Immerhin war es aber Höllers Ansinnen, den Charakter „seiner“ Kunst zu verlagern, nämlich weg vom autonomen Artefakt und hin auf eine Art praktischen Erfahrungseffekt, den Benutzer seiner Gerätschaften (z.B. ein Fluggerät zur Herstellung von Schwerelosigkeit) – vielleicht – machen konnten, um so ein Glücksmoment zu erfahren. Nicht um eine Ausstellung für sich stehender Kunstwerke ging es hier also, vielmehr um unterstützende Dienste an einer geneigten Klientel.

Um Marcel Duchamp zu bemühen ist Kunst, was der/die KünstlerIn hinsichtlich seiner/ihrer Äußerungen als solche bezeichnet. Mit zunehmender Akzeptanz eines erweiterten Begriffs von Kunst, reicht die Dematerialisierung (Thomas Dreher) bzw. Immaterialisierung davon, was heute unter Kunst subsumiert wird, von der Konzeptkunst bis in die prozessorientierte Kunst und führt dabei – kurz gefasst – zu mehr oder weniger deutlichen Überschneidungen mit oder Thematisierungen von sozialen und politischen Fragen, inbegriffen dabei Arbeitsweisen, die den Naturwissenschaften, der Ökologie und Ökonomie (Art-Based Research) entlehnt sind. Nebenbei erwähnt schließt sich hier fallweise auch ein Kreis zum schon einmal der Kunst nah gestandenen Handwerk.

 Sofern man nicht ohnehin geneigt ist, Kunst als Dienst, bzw. in einer Art angewandter Philosophie als Bildungsarbeit, an der Gesellschaft zu begreifen, mag ein österreichisches Beispiel diese Überlegung verdeutlichen: 1993 lud Wolfgang Zinggl acht KünstlerInnen zu einer „Ausstellung“ unter dem Titel 11 Wochen Klausur in die Wiener Secession. Die später so genannte Gruppe WochenKlausur erarbeitete während besagten Zeitraums eine Strategie zur medizinischen Versorgung Obdachloser. Seither werden im Raum Wien, mittels fahrender Ambulanz, monatlich mehr als 600 Menschen ohne Krankenschein kostenlos betreut.


Die Künstler Karin Sajer und Jani W. Schwob nun richten Aktion und Ausstellung ihres Projekts Arriba y Abajo zunächst an PassantInnen in der Grazer Innenstadt. Mehrere AkteurInnen – ebenfalls KünstlerInnen, die sich bereit erklärt haben, an Arriba y Abajo mitzuarbeiten – bieten an, den Menschen auf der Straße kostenlos ihre Schuhe zu putzen. Eine Dienstleistung, wie sie in Mitteleuropa nur höchst selten angeboten wird. Dagegen gehören Schuhputzer, meist Kinder, in Lateinamerika allerdings zum gewohnten Straßenbild der Städte.
Seit 2004 fördern Sajer und Schwob mit der von ihnen gegründeten Organisation {vamos ! gemma}in Leon, Nicaragua, Straßenkinder und ermöglichen ihnen den Schulbesuch. Über etliche künstlerische Aktionen, auch unter Beteiligung der Kinder in Leon, wurden in den vergangenen Jahren die dafür erforderlichen Mittel lukriert.

Das Bild der Schuhputzer in Leon – zumeist Kinder, die so für das Einkommen ihrer Familien sorgen – wird in den öffentlichen Raum der Stadt Graz übertragen. Symbolträchtig dabei ist auch die Situation, dass sich der Schuhputzer – in Leon wie in Graz – zur Leistung seines oder ihres Dienstes gegenüber dem, der (der/die selbstverständlich) es sich leisten will (kann?) in eine scheinbar unterwürfige Haltung begeben muss: oben Kundschaft, unten Dienstleister, man blickt hinauf, man blickt hinab oder, von unten gesehen, herab und vice versa. Soziale Situationen respektive Gefälle in Nicaragua müssen hier nicht ausführlich beschrieben werden; im Grazer Zusammenhang und mit den ausführenden Künstlern rührt die hier symbolische Aktion an mehrere Aspekte gesellschaftsrelevanter Fragen: Geht die Schere weiter auf? Befinden wir uns auf einem Weg zur Zweiklassen-Gesellschaft? Kann Kunst (direkt oder metaphorisch), weil KünstlerInnen s.o., Gewahrwerden provozieren? Sind KünstlerInnen etwas wie Bittsteller an der Gesellschaft?

Wie auch immer. Sollte das Angebot, sich von KünstlerInnen auf der Straße die Schuhe putzen zu lassen, nicht angenommen werden, so bleibt immerhin der symbolträchtig künstlerische Akt, der im Rahmen der darauf folgenden Ausstellung in der Galerie Grazy wohl diskutiert werden wird.


In der Folge ist Arriba y Abajo natürlich an die betreuten Straßenkinder in Leon gerichtet. Im Rahmen der das Projekt beschließenden Ausstellung in der Galerie Grazy der Werkstadt Graz sollte gespendet werden um Kindern in Leon den Schulbesuch zu ermöglichen. Dass Bildung und Glück einhergehen, ist fallweise durchaus denkbar – unvollendetes Projekt glücklicher Mensch. Im Fall der Straßenkinder in Leon wären es jedenfalls kleine Schritte dorthin und zwar über Lesen, Schreiben und Rechnen.

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